Ricarda Consuela Ha lati [627866]

Ricarda Consuela Ha lati
Fachsemester 5
WiSe 2018/2019
Lehramt an Haup t-, Real -, Sekundar – und
Gesamtschulen (B.A.): Deutsch , Englisch, Bildungswissenschaften
Abgabedatum : 26.03.2019
Semesteranschrift : Wingertstr . 7
50354 Hürth
E-Mail: rhalati@smail .uni-koeln.de Goethes Prometheus und die
Epoche des „ Sturm und Drang ”

Hauptseminar : J.W. Goethes Frühwerk in
Literaturgeschi chte und Forschung

Dozentin : Konya -Jobs, Nathalie

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Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung ………………………….. …………………… 2
2. Sturm und Drang ………………………….. ………… 3
2.1. Sturm un d Drang – Nachahmung und
Schöpfung ………………………….. ………………………… 5
3. Der Prome theus -Mythos ………………………….. … 7
4. J.W. Goethe – „Prometheus” ……………………….. 9
4.1. Entstehung ………………………….. ……………….. 9
4.2. Prometheus und die Genieästhetik …………. 10
4.3. Prometheus im Kontext ‚Sturm und Drang’ 10
5. Schlussgedanken ………………………….. ……. 15
6. Literaturverzeichnis ………………………….. ……. 17

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1.Einleitung

„Sturm und Drang ” ist die Bezeichnung für die ge istige Strömung in
Deutschland am Ende des 18 . Jahrhundert . In dieser Epoche , oft
auch als Geniezeit genannt , ging es darum sich gegen den Regeln
und den Behörden aufzulehnen , das Hinterfragen des bestehenden
Weltbild und sich seinen freien Willen durchzus etzen. Durch die
wesentlichen Veränderung , die d urch die Aufklärung entstanden ,
entstan d auch ein auferstehen der Bürger und deren Bewusstsein ,
welche sich auch in den Werke der jungen Schriftsteller zeigte . Diese
Rebellion , sei es in der tatsächlichen Ges ellschaft oder in den Werken ,
die damals entstan den sind , war aber nicht etwas das der Modernität
gehörte , sondern war viel älter . Bereits in den Legenden der alten
Griechen war es die Rede über eine Gestallt die sich gegen den
führenden Mächte erhob : Prom etheus .
Diese Gestalt schien seit langer Zeit d ie Vorstellungskraft der
Künstler und D ichter anzusprechen , vor allem die von Goethe und
diejenigen die später kamen , wie zum Beispiel Byron , Shelley oder
Nietzsche . Alle diese Künstler sahen Prometheus als d ie
Verkörperung ihrer Ideale (vgl. Raggio , O. 1958, S. 44).
In dieser Hausarbeit werde ich kurz den Mythos um Prometheus
untersuchen und diesen in der Epoche des „Sturm und Drang ”
einordnen , wodurch man den gesellschaftlichen Zustand des 18 .
Jahrhundert wi ederspiegelt sehen kann .

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2.Sturm und Drang

Als „Sturm und Drang ” bezeichnet man die g eistige Bewegung in
Deutschland am Ende des 18 . Jahrhundert .

Man nennt dieses Jahrhundert in der politischen
Geschichtsschreibung die Zeit des Absolutismus ; in der Ges chichte der
Volkswirtschaft spricht man von Me rkantilismus , in der
Geistesgeschichte vo n der Aufklärung , und, bezogen auf die Jahre etwa
ab 1760 , der Empfindsamkeit . Ein neuer Begriff ist die Bezeichnung
Sattelzeit für die Jahrzehnte um 1770 . Literaturhist oriker benutzen
neben der Epochenbezeichnung S turm und Drang bisweilen auch den
Begriff Geniezeit (Karthaus 2007 , S.15).

Wie man also sehen kann , dass sich zu diesem Zeitpunkt nicht nur
um ‚Sturm und Drang ’ handelt sondern , dass sich diese Epoche ,
oder ge istige Strömung , auch mit anderen Epochen , wie zum Beispiel
die der ‚Aufklärung ’, dadur ch de ckt sich das politische System
Deutschlands zur Zeit dieser Epoche mit dem der späten Aufklärung .
Zu dieser Zeit herrschte der Absolutismus und Deutschland war in
viele kleine Fürstentümer eingeteilt (vgl. Kartha us 2007 , S. 16-17).
Dieses stellt nicht nur die Entstehung einer neuen literarischen
Epoche dar , sondern auch eine gesellschaf tliche Wende dar. Die
neuentstandenen Fürstentümer haben keine einheitliche Gesetz e,
seien diese exekutiv oder legisla tiv, und die Fürste n exploitierten die
Bevölkerung , die schon im großen Teil zur untere n Sch icht gehörten .
Jedoch , dank der ‚Aufklärung ’ und dem damit verbundenen

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auferstand der Vernunft und das nachfragen des Weltbilds , strebt
das Bür gertum nach Emanzipation und lehnten sic h gegen die
führende Mächte auf . (vgl. Deutsche Literaturgeschichte , S.121).
Dieses Verlan gen nach Freiheit machte s ich so gar in der L iteratur
und in den Kreise der Dichter gespürt : diese sehen sich j etzt a ls
Schöpfer und befreien sic h von den bis jetzt bekannt en Konventionen
und dadurc h entsteht die Genieästh etik.
Laut Jürgensen und Irsigler (2010) ist der Geniegendan ke nicht im
‚Sturm und Drang’ zum er sten Mal verwendet worden , sonder n viel
früher . Er „war schon seit de n 1750er Jahren zum zentrale n
Refelxionsgegenstand nicht nur der deutschen , sondern überhaupt
der europäischen Literatur aufgerückt ” (vgl. Jürgensen/Irsigler 2010,
S24) und dadurch entstan d erst in Frankreich erst die Frage „ob sich
das Genie eher durch Talent und Begabung oder durch
Gelehrsamkeit bzw . die Anwendung erler nter Regeln auszeichne (vgl.
Jürgen sen/Irsigler 2010 , S. 24).

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2.1. Sturm und Drang – Nachahmung und
Schöpfung

Mit dem Entstand der Genieästhetik , Geniegedankens und da s
neugefundenes Selbstverständnis der Dichter , wurd en die Begriffe
‚Natur ’ und ‚Schöpfung ’ zu den zentral en M erkmalen d er Epoche
‚Sturm und Dra ng’. Jedoch waren , nach Schwei kle (1990), nicht nur
die Befreiung von den gesellschaftlichen Konventionen und
Selbsterfahrung Leitideen d er Epoche , sondern auch die
Neuentdeckung und Bewertung der Natur . Begriffe wie Natur ,
Vernunft und G enie bekommen alle eine veränderte Bedeutung im
Protest der Dichter . Dieser Protest richtet sich, nicht nur gegen die
Gesellschaft. Sondern auch i n der Kunst gegen der klassischen
Regelpoeti k (vgl. Karthaus 2007 , S.27) die sich an der aristotelischen
Art der Naturnacha hmung orientierte . Obwohl A ristote les als erster
die Poesie als Nachahmu ng bezeichnete , gibt er keine genaue
Richtung was ma n in der Literatur i mitieren soll. Deshal b steht das
Begriffspaar ‚Schöpfung ’ und ‚Nachahmung ’ in eine Zusammenstoß
mit Tradition und Werte . Da man keine genau e Idee hat , was
Aristoteles mit Nachahmen meinte , entsteht im ‚Sturm und Drang ’
eine neue Dimension in der die Dichter des 18 . _Jahrhunderts dem
Nachahmungsbegriff ein e neue , veränd erte Bedeutung hinzufügten :
Schöpfung .

Dieses , von Stürmer und Dränger , verbreitete Naturverständnis hat
dazu beigetragen , die neue Idee des Genies bei Sturm und Drang zu
legitimieren , indem das Genie als eine “mens chgewordene

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naturähnliche Kraft ” (Sorg 1999, S.64) verstanden wird , die dann
aber durch Goeth e neue Dimensionen erreicht e. Doch da s
ursprüngliche Modell des Genies , faszinierte Goethe bald nicht mehr
und bot ihm zu wenig an , sodass Goethe nach neue Formen suchte
und den Mensch als Schöpf er dars tellte, welches ihn dazu führte die
Figur Prometheus aus der antike zu übernehmen und überarbeiten
(vgl. Erck/Kertscher 1985 , S. 368-369).

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3.Der P rometheus -Mythos

Wie schon erwähnt ist die Figu r Prometheus eine G estalt, die schon
in den Legenden und i n der griechischen Mythologie vorkam . Präzise
Aussagen über Prometheus zu machen , erweist sich , durch die große
Vielfalt an Versionen in der griechis chen Mythologie , schwierig zu
sein. Der Name Prometheus wird jedoch oft mit den Begriffen ‚Freund
der Mensc hen’ oder ‚Kulturbringer ’ verbunden , jedoch wird dieser in
der ältesten Fassung , ‚Theogonie ’ von Hesiod als Rebell dargestellt .
In dieser Version des Mythos begann d ie Auseinandersetzung
zwischen Zeus und Prometheus s chon vor dem Diebstahl des Feuers ,
und wurde sogar von Prometheus veranlasst . Obwohl Prometheus
sich auch in dieser Verfassung für die Rechte und Interesse einsetzt
(vgl. Schmidt 1988, S. 129-130), tut er es nicht „wie bei Aischylos
oder Platon als achtbar er Vorkampfer ihrer Erhaltung und Rettu ng,
sondern als Mitglied einer ganzen Si ppe von Schurken und Rebellen
die Zeus allesamt erst überwinden und für künftige Zeiten
unschädlich machen mu sste” (Schmidt 1 988, S129-130. Zit. nach
Theog . 507-525). Hesiod sie ht also den Titan als Zerstörer des
ursprünglichen Zustands , wo die Menschen fr ei und weit weg von
Krankheiten lebten . Durch die betrügerische Aufteilung des
Opferfleisch bei Mecone , und i ndem er dann das Feuer gestohlen hat ,
um es den Menschen zu geben , brachte er den Zorn des Zeus nicht
nur a uf ihn , sondern auch auf die Menschheit zu (vgl. Raggio , O.
1958, S. 44-45).

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Aischylos greift die Verfassung Hesiods wieder auf und stellt
Prometheus , in seinem Drama , als Gefangenen/Gefesselten und als
Erfinder gleic hzeitig dar . In seinem Drama setzt Aisc hylos den Fokus
auf die Beziehung welche Prometheus zu den Menschen hat , und
zeigt uns diesen nicht als Rebell und Feuerdieb , sondern als
Feuerbringe r zum Gunsten des Menschen und nicht als Akt von
Rebellion .

From i ts benefactor Prometheus mankind receiv es not only the
physical fire in the fenn el stalk , but also the subtler fire of reason
and wisdom from which all aspects of human civilization are de rived:
divination , astrology , medicine , mathematics , the alphabet ,
agriculture -every science and every art . His torture on the summit
of Mount Cauca sus may s till be as in Hesiod the just punishment of
a sacrilegious [sin] (sic!), but it is also a tragic ap otheosis , the
symbol of a sharp opposition between the order of Zeus and the
independent power of the human reason . The dangerous
implications of th e Aeschyl ean tragedy are absent (Raggio O . 1958,
S.45).

Eine weitere Darstellung der Gestalt Prometheus fin den wir bei Äsop .
In seiner Fabel stellt Äsop Prometheus als Erschaf fer des Menschen
dar, welcher unter der Anweisung von Zeus den Mensch aus Lehm
formte , der dann von Athene zum Leben gebracht wird . Diese
Darstellung Prometheus dient als Motiv vieler Gemä lde, deswegen
wird Prometheus oft sitzend in einer Töpferwerkstatt g ezeigt .

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4.J.W. Goethe – „Prometheus ”

4.1. Entstehung

Die Prometheus -Hymne wurde vo n Goethe aus einem
Dramenfragment , des gleichen Namens die Goethe jedoch
anscheinend nie beendet hat , zwisch en 1773 – 1774
herausgearbeitet . Goethe „machte zunächst keine Ansta lten, sie zu
veröffentlichen , sondern l ieß sie nur im enge ren Freundeskreis
zirkulieren (Mülder-Bach 1996, S.107).

Einer breiteren Öffen tlichkeit wurde Prometheus erstmals 1785
durch Frie drich Heinrich Jacobis Abhandlun g Über die Lehre des
Spinoza in Brie fen an den Herrn Moses Mendessohn bekan nt. Jacobi
präsentiert das Gedicht als atheistisches Skandalon , zu dessen
Publikation er sich nur darum entschlossen habe , weil es i hm >>als
Beleg […] kaum entbehrlich << sei (Mülder -Bach 199 6, S.107).

In seinem Dram a stellt Goethe Prometheus als Schöpfer der
Menschen dar und zeigt ihn uns in seinem Umfeld , jedoch s pielt die
die Hymne an einem anderen Ort der uns , so wie auch die Zeit ,
unbekannt ist . Auch wenn das Drama nicht beendet wurde und man
die Hymne nicht an ihren ursprünglich gedach tem Platz zuor dnen
kann, kann man schon Elemente des Dramas in der Hymne

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wiederfi nden, wie zum Beispiel das Geniemotiv und die Rebellion
gegen die Götter (vgl. Heimerl 2001 , 73).

4.2. Prometheus und die Genieästhetik

Im Zus ammenhang mit der Epoche des „Sturm und Drang ”, kann
man Prometheus als Urbild des Schöpfers und der menschlichen
Freiheit betrachten (vgl. Heimler 2001 , S.29) indem er den Menschen
formt und durch sein Auflehnen gegen die Götter als Symbol , für
Menschen d ie sich v on einer fremden Bestimmun g befreien wo llen,
wird. Prometheus wird als eine Figur mit einem festen
Selbs tvertrauen da rgestellt , wessen Schöpferk raft, in der Hymne , in
einem Kontrastbild mi t den Götter g estellt wird . Durch seine
Selbstverwirklichung und das befreien des M enschen , wird er zum
Vorbild für die Stürmer und Dränger (vgl. Drux, S12).

4.3. Prometheus im Kontext ‚Sturm und Drang ’

Schon seit ca. zweieinhalb Millennien , dient der Prome theus -Mythos,
zusammen mit den drei Leitmotiven : Menschenbildung , Feuerrau b
und Bestrafung als Anlass für u nterschiedliche , manchmal sogar
gegens ätzliche , Interpretationen in unterschiedliche Künsten . Sehr

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deutlich ist , dass die Darstellung und Verwendung des Mythos nicht
immer mit dem Idea l einer späteren Epoche übere instimmten . Auch
wenn d er Prometheus -Mythos in der Antike eine universelle
Verwendung hatte und Prometheus als Schöpfer gesehen worden ist ,
könnten die Mit glieder der christlichen Gemeinde sich mit diesem
wenig oder sogar gar nicht i dentifiziere (vgl. Lutz2003, S217) da die
Menschen des Mittelalter s, den Mensch nur als Geschöpf , und nicht
als Schöpfer betrachten . Als Schöpfer galt allein der christliche Gott ,
welches zu eine r Abwertun g der Prom etheus -Figur führte (vgl.
Schmidt 1985 , S. 255). Die Literarisie rung dieser alt en Mythen
gehorchte aber oft der theologischen Gewissheit und versuchte
lediglich die intellektuelle Verbindung zwischen de m Mythos und den
Göttern der Antike aufzulösen und jed e Wahrh aftigkeit zu
wiederlegen . Erst in der R enaissance erlangt e Prometheus durch
eine Wiederentdeckung de s Mythos und der Antike seine
ursprüngliche Bedeutung des menschlichen Selbstbewusstseins
und der Schöpfung , zurüc k (vgl. Schmidt 1985 , S256).
Auch wenn die Gestalt Prometheus in der R enaissance noch nicht
den S tatus eines schöpfer ischen Geni es, wie es sp äter im 18 .
Jahrhundert sein wird , erreicht hatte , wurde diese m ythologische
Figur aber für eine lange Zei t als Inbegriff für Kultur und Menschheit
verwendet . Es ist also kein Wunder , dass die spätere Au fklärung .
Epoche der K reuzungen , nicht an de m Prometh eus-Mythos
vorbeigehen konnte . Erst im 18 . Jahrhundert , wo es eine n
bedeutenden sozialen Umbruch gab , und die Prometheus -Gestalt in
der Philos ophie u nd Poesie übertragen worden ist , wurde diese a uch
radikal umgede utet und Prometheus wurde zum Mythos und Bi ld
des modernen Menschen (vgl.Vaupel 200 5, S. 10).

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Durch die Verwendung antiker Mythen in dem deutschsprachigen
Raum des 18 . Jahrhunderts entstand e ine neue Dimension , indem
mythologische Motive und I deen in der europäischen Kunst und
Literatur zu allgeg enwärtig wurden . So greifen Künstler und Dichter
des 18 . Jahrhunderts auf die Mythologie der Antike zurü ck und
zeichnen dadurch eine Neuinterpretatio n des Künstlers durch d ie
Steigerung der Kreativität der Menschen . Dieses führt im Laufe des
18. Jahrhunder ts nicht nur zu eine m veränderten Verständnis de s
Geniegedankens , sondern auch eine veränderte Wahrnehmung der
Prometheus -Figur (vgl. Vaupel 2005 . S. 28).
Insbesondere Johann Wolfgang von Goethe konnte d en
emanzipatorischen Anspruch der ermächtigten Bourg eoisie mit
seine r Promet heu-Hymne am deutlichsten aus drücken . Schließlich
war es die bürgerliche Literatur des 18 . Jahrhunderts , die die
mythologisch e Figur des Prometheus , als Leitfigur , darstellte „in den
politischen und kulturhistorischen Umwälzungsproz essen des 18 .
Jahrhunderts zum positiven Inbild des Tyrannenstürzers und als
Selbsthelfer , Menschenbildner und Kulturschöpfer zu einer der
mythischen Zentralfiguren des Jahrhundert s” (Wild 2009 , S47)
wurde .
Das w as Prometheus so be deutsam für die Zeitgeno ssen des 18 .
Jahrhunderts machte , war weniger die mythologische Beziehung als
die von Prometheus verkörperte Eigenschaf ten. So verkörpert die
mytholo gische Figur Prometheus nicht nur R ebellion und R evolution ,
Leiden schaft und Genie . Sondern auch Ablehnung von Autor ität, die
Möglichkeit einer eigenen schöpferischen Kraft sowie das R echt auf
Selbstbestimmung zusammen mit der Trennung von religiösen

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Konze pte und Gott . Auch Goethe war sich di eser Bedeutung von
Prometheus bewusst und verwies mehr mals darauf , schon bevor er
den Prometheus zum Helden in deiner Dichtung machte . Zum
Beispiel war Prometheus bereits in der R ede zum Shäkespears Tag
(1771) und in de m Aufsatz ‚Von deutscher Baukunst ’ (1772) als
Schöpfer der Menschheit anwesend , ehe er von Goethe in deiner
Hymne Berühmtheit fand. Als Goethe sein Gedi cht Prometheus aus
dem gleichn amigen Drama -Fragme nt h erausarbeitet , welches er
soeben aufgegeben hatte , ahnte er noch nicht , dass dieses „zehn
Jahre später zum >> Zündkraut einer Explosion<< werden würde ”
(Mülder-Bach 1996, S. 107).
Goethe war sic h seiner inhaltlichen ‚Explosivitä t’ bewusst und
beschloss deshalb , seinen P rometheus nur seinen unmittelbaren
Freundeskreis anzuvertrauen und ihn einer breiten Öffentlichkeit
fernzuhalten . Erst 1785, etwa ze hn Jah re nac h der Ents tehung der
Hymne , sorgte sein Gedi cht Prometheus zum ersten M al für
Aufsehen . Anlass dafür war jedoch nicht eine Veröffentlichung de s
bishe r nur im engen Freundeskreis verbreiteten Gedichts , sondern
eine Instrumentalisierung durch Friedric h Heinr ich Jacobi in seiner
Abhandlung ‚Über die L ehre des Spinoza in Briefen an den H errn
Moses Mendessohn ’ (1785) indem er Goethes Prometheus als einen
atheistischen Skandal vorstellte und damit den sogenannten
Spinoza – oder Panthei smusstreit auslöste (vgl. Mülder-Bach 1996 ,
S.107-108). Die Prometheus -Hymne sollte J acobi helfen , den
verstorbenen L essing als ‚Spinozisten ’ zu demaskieren , was
gleichzeitig he ißen würde L essing als Atheist darzustellen (vgl.
Jürgen sen u. Irsigler 2010 , S. 45). So wurde Goethes Prom etheus
schließlich zum Katalysator für eine tiefgrei fende D ebatte in der

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deutschen Spätaufklärung , welche Goethe selbst viele Jahre später
fühlen w ürde. In dieser Dis kussion, die später auch die R ezeption
des Gedi chtes mitbestimmen würde , wurde jedoch die Tatsache ,
dass Goethes Prometheus -Hymne , im Gegen satz zu seinem Drama –
Fragment keine pantheistische Naturbegriffe enthielt und damit
kaum im philosop hischen Kontext des Spinozismus einzubeziehen
ist (vgl. Neymeyr 2003 , S.30). Stattdessen verkörpert Goethes
Prometheus in erster Linie sein Selbstgefüh l, einen
selbsts schaffenden Künstler , der durch das neue Genie bewusstsein
in der Epoche des ‚Sturm und Dr ang’ deutlich wird und so die
mentale Haltung dieser literarischen Strömung zum A usdruck bringt .
Aber auch wenn Goethes H ymne und Poesie pantheistische
Elemente offenbart und ein scheinbar unvermei dliches
Konfliktpotential mit den christ lichen Überzeugunge n schafft , ist der
Abkehr vom Göttlichen eines der mehreren Haupt ideen der Epoche
‚Sturm und D rang’, deren emanzipatorisches Potenzial nicht nur in
Zusammenhang mit Religion zu sehen is t, sondern auch mit P olitik
zu verknüpfen ist (vgl. Neymeyr 2003 , S.31).

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5.Schlussgedanken

Im Gegensatz zu den Philosophen und Di chter der Aufklärung ,
glaubten die jungen Ve rtreter der Epoche des ‚Sturm und Drang ’,
dass sich der M ensch nicht nur auf einer rationalen Ebene , sondern
viel mehr auf einer sentimentalen Ebene basier t. Deshalb war , für
diese Philosophen und Dichter , die ganze Natur etwas göttlich es,
sogenannt er Pantheismus , wobei bei Gott bei den Anhä nger der
Aufklärung eine notwendige philosop hische Gestalt war .
Im ‚Sturm und Drang ’, desto mehr die Bourgeoisie zum kulturellen
Träger wurde , desto mehr Literaten mussten interessante und
ansprechende Dic htungen schreiben . Originalität und
Außergewöhlich keit waren ein ‚Muss’, deshal b gab es au ch ein
Protest gegen alte R egeln der Poetik .
Die Epoche des ‚Sturm und D rang’ war durch einem neuen
Mens chenbild geprägt , welches den Mensc hen als Individuum und
Mitglied einer We lt sah , die ihm die Möglichkeit zu einer
Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung bat . Individualität ,
Selbstbestimmung , Autonomie und S elbstvertrau en waren die
zentralen Motive und Lebensphilosophie der ‚Stürmer und Dränger ’.
Die Begriff e ‚Genie ’ und ‚Ästhetik ’ wurd en als geschätzte Werte der
Ära angesehen , welche zu ei ner Ablehnung der damals
vorherrschenden Philosophie führte . Gleichzeitig wurden Dogmen
und die verbindliche Regeln der Gesellschaft als wiederlegbare
Gegner eines freien und neuen Menschenb ilds betrachtet .

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All diese Grundzüge , welche die damalige Gesellschaft
charakterisierte n, werden in Goethes P rometheus , meisterwerklich
kombiniert , und machen diese , meiner Meinung nach zu einem
definierend Werk der Epoch e ‚Sturm und Drang’.

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6.Literaturverzeichnis

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